Die Grundlagen einer archäoastronomischen Untersuchung kommen aus verschiedenen Fachgebieten : Archäologie, Astronomie, Geodäsie und Geschichte. Jedes Fachgebiet liefert seinen Teil, die Geodäsie bestimmt die Größe sowie die topographische und die geographische Lage des Baukörpers, die Astronomie berechnet die Position und den Zeitpunkt von Himmelsereignissen und die Archäologie stellt die Ausgrabungsergebnisse zusammen, die mit Hilfe der Geschichte in einen historischen Kontext gestellt werden. Mit Hilfe der Archäoastronomie soll nun geklärt werden, ob die Menschen bei der Konstruktion oder bei der Verwendung des Baukörpers bestimmte Himmelsereignisse beobachtet haben. Wenn solche Beobachtungen als gesichert gelten, können weitergehende Interpretationen vorgenommen werden, um bisher offene Fragen aus den oben genannten Fachgebieten zu klären. Es muss aber davor gewarnt werden, voreilige Schlüsse zu ziehen, den wir können die damaligen Menschen nicht mehr fragen, ob sie eine mögliche Himmelsbeobachtung auch tatsächlich kannten und z.B. zur Korrektur eines Kalenders verwendeten. Diese Frage muß vorerst durch eine historische oder archäologische Quelle beantwortet werden. Da eine einzelne Beobachtungsmöglichkeit, also eine einzelne Visierlinie, keine gesicherte Garantie gegen Zufälligkeit bietet, sollten immer sogenannte Visiergruppen untersucht werden, es sei denn, man kann erklären, warum es nur eine Visierlinie gab und diese so prägnant ist.
Bei jeder archäoastronomischen Untersuchung von Gebäuden gibt es unterschiedliche Vorraussetzungen, einmal ob das zu untersuchende Objekt noch im Originalzustand oder als Rekonstruktion existiert oder ob nur ein Grundriß aufgrund einer archäologischen Ausgrabung oder eine photographische Luftaufnahme existiert.
Im Grundriß kann man also aus der Visierlinie die Azimutrichtung und damit die Deklination berechnen und umgekehrt aus Himmelsobjekt und Zeitpunkt die Deklination und damit die Azimutrichtung für den Auf- oder Untergang bestimmen.
Die Reduktion von zwei Unbekannten auf eine Unbekannte wie im Grundriß liegt auch beim Querschnitt durch ein Gebäude vor, dessen Azimut ungefähr bekannt ist. Dann existiert eine eindeutige Beziehung zwischen Höhe und Deklination.
Dieses Prinzip funktioniert aber nur bei der Suche von Horizont- oder Meridianbeobachtungen und versagt bei dreidimensionalen Visierlinien, die beliebig im Raum liegen können und zwei Unbekannte haben, nämlich den Azimutwinkel und den Höhenwinkel bzw. den Zenitwinkel.
Bei der Sonne gibt es zwischen der Deklination und der Zeit innerhalb eines Jahres eine wiederkehrende Beziehung, die es erlaubt, aus der Deklination der Sonne auf zwei mögliche Zeitpunkte innerhalb eines Jahres zu schließen. Andere Himmelskörper wie der Mond oder die Planeten haben eine Bahnneigung zur Ekliptik, wodurch eine Deklination keinen bestimmten Zeitpunkt zugeordnet werden kann. Auch die Zuordnung zu einen bestimmten Himmelskörper ist im Prinzip nicht möglich. Nur wenn die aus der Visierlinie bestimmte Deklination einen für einen Himmelskörper markanten Wert besitzt, kann eine direkte Zuordung erfolgen.
Es sind verschiedene Untersuchungsschritte möglich, je nachdem, welche Vorraussetzungen gegeben sind, und welche Vermutungen bezüglich der Fragestellung geprüft werden sollen.
a) | automatische Suche von Visierlinien bei bekannter Deklination und bekannten Visierpunkten |
b) | manuelle Suche von Visierpunkten bei bekanntem Azimut (nur im Grundriß ist die Höhe = Null ! Dann kann die Suche durch paralleles Verschieben eines Geodreiecks erfolgen) |
c) | Suche von homogenen Visierlinien (Visiergruppen) zur statistischen Analyse (Bestimmung der Genauigkeit und der Zuverlässigkeit) |
d) | Suche von Symetrien zwischen den Visierlinien auf kontanten Schnittwinkel (z.B. Rechter Winkel) |
e) | Suche von Symetrien zwischen den Beobachtungszeitpunkten gegenüber einer bekannten Periode (Kalendersuche) |
Die Reihenfolge der Untersuchungsschritte ist nicht streng vorgegeben. Am Ende der Untersuchung sollte man die Ergebnisse objektiv beurteilen, z.B. nach den folgenden Beurteilungskriterien.
Astrodatum stimmig zu Archäologie | 20% |
Markierungen sind anthropisch | 20% |
Markierungen sind homogen | 20% |
Astro-Schema ist homogen | 20% |
Alle Ausrichtungen erfaßt | 10% |
Ausrichtungen sind genau | 10% |
insgesamt: | 100% |